Wie in dem Beitrag über die Erzählungen der Soldaten beschrieben unterscheiden sich die prägenden Erlebnisse vieler Teilnehmer des 2. Weltkriegs unter anderem in klar umschriebene bedrohliche Situationen, länger anhaltende Zusammenhänge und Kriegsgefangenschaft. Genauso unterschiedlich können die Folgen sein.
Erst nach dem 2. Weltkrieg war das Militär in den USA daran interessiert Therapiemethoden zu finden um psychisch beschädigte Soldaten nach erfolgter Therapie wieder in den Einsatz zu schicken. Schließlich wurden im Laufe des 2. Weltkriegs fast 600000 amerikanische Soldaten wegen psychsischen Problemen behandelt.
1946 ermittelten die beiden Militärpsychiater Appel und Beebe die Zeit bis zu einem psychischen Zusammenbruch von Soldaten an der Front auf 200 bis 240 Tage. Da die Soldaten auf deutscher Seite damals oft über mehrere Jahre im Dauereinsatz waren kann man von einer großen Zahl Menschen ausgehen, die nach dem Krieg psychisch zutiefst erschüttert sein mussten.
Welche psychischen Effekte auftraten wurde in den USA in den ersten Nachkriegsjahren weiter untersucht. Die festgestellten verschiedenen Krankheitsbilder waren zahlreich. Aktuellere Untersuchungen, wie z.B. die des kroatischen Militärpsychiaters Eduard Klain (1992) unterscheiden sieben verschiedene Krankheitsbilder inTeilen der kroatischen Bevölkerung in Folge von Kriegserlebnissen. Diese reichten von psychosomatischen Reaktionen, induzierten Psychosen, Alkohol- und Drogenmissbrauch bis hin zur posttraumatischen Belastungsstörung.
Am bekanntesten und vermutlich am Besten untersucht ist die posttraumatische Belastungsstörung als Reaktion auf ein kürzeres oder längeres extrem bedrohliches Ereignis.
Die medizinische Definition umfasst folgendes:
Posttraumatische Belastungsstörung
„Diese entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.
… Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. … Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über. „
Quelle: http://www.icd-code.de/icd/code/F43.1.html
Einer meiner Interviewpartner, der einen Bombenangriff überlebt hat, ließ dieses Ereignis nicht mehr los:
Denken Sie da heute hin und wieder dran an den Angriff, ist des was Sie manchmal beschäftigt?
Tagtäglich.
Tagtäglich, ja.
Tagtäglich.
Sind es Bilder, die manchmal auftauchen?
Sind Bilder.
Für unsere heutige Zeit von Bedeutung finde ich, dass diese psychischen Folgen aus verschiedenen Gründen – Tabuisierung, Scham oder Unwissenheit – in den meisten Fällen unbehandelt blieben und innerhalb weiter Teile der deutschen Bevölkerung einfach da waren. In einem Interview mit der Rhein-Zeitung formuliert es der Flottenarzt Roger Braas so: „Dabei hätte man nach dem Zweiten Weltkrieg die ganze Nation behandeln müssen“
In einem weiteren Beitrag werde ich auf die Folgen langer Kriegsgefangenschaft eingehen.