Gespräch unter Kameraden


Dieser Beitrag versucht zu beleuchten wie Soldaten im 2. Weltkrieg miteinander über belastende Ereignisse sprechen konnten. Die nachfolgenden Gedanken stammen aus meiner Studie zum Umgang mit Kriegserlebnissen.

Nach Einschätzung des Pädagogik-Professors Hermann Giesecke sei es den Nazis gelungen Kinder und Jugendliche im Dritten Reich weitgehend nach vorgegebenen eindimensionalen Denk- und Verhaltensmöglichkeiten zu sozialisieren, so dass andere Alternativen nicht kennengelernt werden konnten.  Zum Beispiel galten nach der nationalsozialistischen Ideologie Treue, Opferwilligkeit und Verschwiegenheit als Tugenden, während das zeigen von Gefühlen wie Angst oder Trauer abgewertet wurde.

Das bezeichnet eine Tendenz der damaligen Zeit.  Hermann Giesecke schränkt das mit dem Wort „weitgehend“ ein und somit gab es auch Nischen und andere Einflüsse. Unter meinen Interviewpartnern gab es einige, die neben dieser Sozialisation eine ausgleichende Erziehung aus dem Elternhaus genossen.

Das spiegelte sich in manchen Interviews meiner Studie wieder. Die Teilnehmer der Interviews waren zum Zeitpunkt der Interviews (2003) zwischen 75 und 90 Jahren alt und erfassen zu Beginn des nationalsozialistischen Regimes 1933 eine Altersgruppe zwischen 5 und 20 Jahren.

Anders als in unserer heutigen Gesellschaft waren Gefühle in den damaligen Kriegszeiten wohl kein großes Thema. Ein Gesprächspartner sagte, dass er es nicht vorstellbar fand über Gefühle zu sprechen. Von anderen hörte ich immer wieder, dass die Betroffenen als Soldaten wenig oder keine Gelegenheit hatten über die belastenden Seiten des Kriegs zu sprechen. Insbesondere wenn es um die mangelhafte Versorgung mit Nahrung oder Ausrüstung ging wurde befüchtet dass solche Gespräche als „Wehrkraftzersetzung“ ausgelegt werden könnten und negative Folgen hätten. Auch die Angst vor Denunzierung durch die Kameraden spielte in diesem Zusammenhang eine Rolle. Andere spürten gar kein Bedürfnis sich auszutauschen, weil es schon an der Befriedigung der Grundbedürnisse gefehlt hat. Hier herrschten Hunger und Angst vor. Für diejenigen war es wichtiger an das Überleben zu denken oder an das Essen. Aber es gab auch drei Gegenbeispiele, es waren drei junge Flakhelfer die ihre Kameraden schon aus der Schule kannten und sich sehr wohl offen austauschten.

Das Problem an der Studie ist natürlich, dass die Interviewpartner sicherlich in der Interviewsituation sozial erwünscht antworteten und nicht die Karten auf den Tisch legten. Andere Ergebnisse zeigt z.B. das Buch „Soldaten: Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben“ von Sönke Neitzel und Harald Welzer. Die Autoren werteten Abhörprotokolle aus Kriegsgefangenlagern aus. Hier berichteten die Gefangenen vom Töten, Vergewaltigen und Kriegsverbrechen. Siehe dazu diese Beiträge:

Abhörprotokolle aus Kriegsgefangenlagern

Krieg als Handwerk